Als Spezialist für Blech- und Profilvorbereitung für den Maschinenbau und Stahlbau hat sich Thyrolf & Uhle einen Namen gemacht. Seit seiner Gründung 1993 in der Bauhaus-Stadt Dessau ist das Unternehmen ständig gewachsen. Vor einigen Jahren hat es mithilfe von Lantek konsequent seinen individuellen Weg der Digitalisierung angetreten. Ein Interview mit Johannes Rieder, der mit Frank Köppe die Geschäfte führt, und dem für die Digitalisierung Projektverantwortlichen, Jan Rätzer.
Was hat Sie mit Lantek zusammengeführt?
Johannes Rieder: Im Zuschnitt mit Anarbeitung, mechanischer Bearbeitung und Stahlbau verarbeiten wir jährlich mehr als 10.000 Tonnen Stahl für mehr als 600 Kunden aus den verschiedensten Branchen weltweit. Dafür haben wir einen sehr heterogenen Maschinenpark mit zwei CO2-Laser-Brennschneidmaschinen, zwei Faser-Lasern, zwei Autogen-Brennschneidanlagen und drei Plasma-Brennschneidmaschinen sowie Abkanten, Walzen, Stanz- und Nippeltechnik, Biegeautomaten, Schweiß- und Fas-Robotern sowie Zentren für die mechanische Bearbeitung. Unsere Brennschneidmaschinen hatten unterschiedliche Programmiersysteme, was aufwendig war und Flexibilität kostete. Wir wollten eine Gesamtlösung. Dann sind wir auf Lantek gestoßen, von denen die Programmier-Software unseres LVD-Lasers stammt. Die maschinenübergreifende Arbeitsweise ihrer Software und das fachliche Know-how der Experten haben uns überzeugt. Vor fünf Jahren haben wir zunächst auf Lantek Expert umgestellt und Schritt für Schritt auch Lantek Integra für das Betriebsmanagement (ERP) und Lantek MES Manager als Fertigungsmanagementsystem (MES) eingebunden. Jetzt können wir alle Maschinen einheitlich mit einer Software steuern, haben sie jederzeit im Blick – mit geregelten Zugriffsrechten je nach Position und Befugnissen.
Welche weiteren Vorteile hat Ihre Zusammenarbeit mit Lantek?
Johannes Rieder: Wir wissen jetzt in Echtzeit, was in der Werkstatt passiert, wo welches Teil und wie weit jeder Auftrag ist. Mithilfe der Software haben wir unser Tempo um etwa 30 Prozent gesteigert, die Verschnitt-Quote deutlich gesenkt, den Restblechbestand um 70 Prozent reduziert und sparen in der Materialwirtschaft jährlich einen sechsstelligen Betrag ein. Allein durch den Wegfall von Warte- und Suchzeiten konnten wir die Durchlaufzeit deutlich minimieren.
Wie kam es dazu?
Jan Rätzer: Früher haben wir auftragsbezogen gearbeitet. Wir leben aus Tradition eine hohe Leistungsfähigkeit, uneingeschränkte Kundenorientierung und kompromisslose Termintreue. Dafür wurden täglich Prioritäten bei den Aufträgen festgelegt und wir hatten eine kurzfristige Produktionsplanung von einem Tag auf den anderen. Die Planung fand auf Sicht statt – ab einer bestimmten Unternehmensgröße und einem gewissen Auftragsbestand bringt das im Produktionsablauf Verlängerungen der Durchlaufzeiten mit sich. Die Planung war im Laufe der Auftragszeit einfach zu ungenau und nicht effektiv genug. Das haben wir mit der Einführung von Lantek Integra hinter uns gelassen. Wir sehen heute auf einen Blick, wie die Aufträge zeitlich eingeordnet werden müssen und können den Durchlauf optimieren. Die morgendliche Auftragsbesprechung ist nicht mehr notwendig – alles steht im System. Über schwierige Dinge muss man sich nach wie vor unterhalten, über Standard nicht mehr.
Wie bezeichnen Sie Ihre heutige Arbeitsweise?
Jan Rätzer: Teilebezogen. Denn sobald wir vom Kunden einen Auftrag bekommen, gibt es für die Programmierung und Fertigung nur noch einzelne Teile, die vom System entsprechend ihrem Bearbeitungsaufwand terminiert werden. Die Programmierung verschachtelt maximal effizient auf einer Platte, und die jeweilige Schachtelung erhält automatisch den Termin des Teils, das als erstes fertig werden muss. Jedes Teil durchläuft eigenständig die Fertigung – und am Ende kommt im Versand alles wieder zusammen. Ohne ein so leistungsstarkes System wie das von Lantek wäre das nicht möglich. Da würden wir ganz schnell den Überblick verlieren.
Woher kommen die enormen Einsparungen in der Materialwirtschaft?
Johannes Rieder: Früher haben wir auch auftragsbezogen eingekauft, daher wurde auch zu oft Material bestellt, da zu wenige Aufträge zusammengefasst werden konnten. Im Ergebnis wurden oft in einem zeitlich geringen Abstand die gleichen Platten mehrmals bestellt und entsprechend geliefert – mit den damit verbundenen Kosten für die Logistik. Heute fassen wir die Bestellungen zusammen, die Logistikkosten sind daher erheblich gesunken.
Der Zuschnitt war aufwendiger, da auftragsbezogen zugeschnitten wurde und dadurch zu viele Reste entstanden sind. Die Nichtschneidzeiten für die Restelogistik waren einfach zu hoch. Der Markt hat diese Kosten lange akzeptiert, das hat sich in den letzten Jahren sehr verändert.
Wie haben Sie die Prozesse verändert?
Jan Rätzer: Indem wir zunächst unsere Restbleche geometrisch erfasst und mit einer eigenen Nummer versehen haben. Jetzt sorgen wir aber dafür, dass Restbleche erst gar nicht anfallen. Wenn wir eine Tafel bestellen, dauert es drei bis fünf Tage, bis sie hier ist. Diese Zeit nutzen wir und machen jedes Blech so voll wie möglich – der Rest ist oft nur noch Schrott. Die Materialwirtschaft muss also nicht für jeden neuen Auftrag ein Blech bestellen, da die Programmierung Reste im System sieht, bevor sie tatsächlich entstehen. Auf diese virtuellen Restplatten kann sie Teile zuschachteln und auch mit kleinen Formen die Räume zwischen großen auffüllen.
Wie gesagt: Aufgrund der teilebezogenen Bearbeitung sind der Programmierung die Aufträge selbst völlig egal – sie sieht nur das einzelne Teile und den Termin, wann es fertig sein muss.
Zur Optimierung der Bearbeitung stehen mit Lantek Expert vielfältige Funktionen wie Mehrbrenner, Mikroecken, Abstand zum Plattenrand, Sparschnitt, Kettenschnitt und vieles mehr zur Verfügung. Einer unserer Programmierer schwärmt besonders von der Fasen-Funktion – früher musste er jede Fase für jedes Teil individuell eingeben, jetzt macht er das einmal für ein Teil und es wird automatisch auf alle anderen übertragen.
Gehen wir ganz an den Anfang: Wie entstehen bei Ihnen Bestellungen?
Jan Rätzer: Bei Kundenanfrage werden die entsprechenden Teile in Lantek Integra importiert – was jetzt auch mit STEP-Dateien möglich ist – und sind dann als Vorlage anklickbar. Sämtliche Werkstoffe und Arbeitsgänge sind zudem im System hinterlegt sowie die Schneiddaten, Technologietabellen der Maschinen und individuelle Kundentarife. Daraus werden automatisch Zeiten und Kosten errechnet, die alle ins Angebot einfließen – das schnellstens erstellt ist. Es ist schon enorm, wie sehr sich die Wahrscheinlichkeit ändert, den Zuschlag zu bekommen, je nachdem, ob das Angebot heute, morgen oder übermorgen rausgeht.
Und dann?
Jan Rätzer: Sobald der Kunde den Auftrag angenommen hat, wird er als Fertigungsauftrag ins System übernommen und erscheint umgehend in der Fertigungsverfolgung des Lantek MES Manager – bis der gesamte Auftrag im Versand unser Haus verlässt. Durch die komplette Digitalisierung dieses Prozesses können wir jedes Teil auch später noch nachverfolgen hinsichtlich Faktoren wie seiner Abmessungen, Qualität, Güte oder Zertifizierungen. Denn sobald eine Tafel bei uns ankommt, wird ihre Chargennummer ins System eingegeben, über die sich der vollständige Lebenszyklus der daraus geschnittenen Elemente verfolgen lässt. Dadurch ist auch unser Zeugniswesen komplett automatisiert und wir können die Dokumentation der Teile einfach aus dem System ausdrucken.
Wie hat die teilebezogene Arbeitsweise die Fertigung verändert?
Jan Rätzer: Die Mitarbeiter sind nicht mehr darauf angewiesen, ob der Mann vor ihnen sagt: „Ist fertig.“ Alles wird im Display geregelt angezeigt. Der Werkstattmanager zeigt live an, welche Maschinen gerade laufen, gibt eine Übersicht über die Auslastung der Maschinen und ermöglicht die Fertigungsverfolgung mithilfe eines Gantt-Diagramms. Damit können wir auch unsere Arbeitsschichten und Einsatzzeiten planen. Das Konzept ist sehr einfach gehalten und bietet viele Möglichkeiten, selbst Reports nach individuellen Kriterien zu erstellen.
Für die Kollegen war das eine enorme Veränderung, weil sie komplett umdenken mussten – und sich von der Excel-basierten Fertigung verabschieden mussten. Weil aber eine voll verschachtelte Tafel fünf bis sechs Stunden durch die Maschine läuft, bleibt ihnen jetzt ausreichend Zeit, sich um die Zuordnung der Teile zu ihrem weiteren Weg zu kümmern – zum Bohren, Schweißen oder Entgraten oder direkt in den Versand.
Planen Sie schon weitere Prozesse mit Lantek?
Johannes Rieder: Ja – und da geht es genau um die Stelle, die Herr Rätzer gerade angesprochen hat. Derzeit integrieren wir die Nicht-Schneidprozesse ins System, um die Prozesse optimal aufeinander abzustimmen. Wir sind dank Lantek auf dem Weg ins digitale Zeitalter – und das ist auch gut so.