„Enabling you to shape a better tomorrow“ („Damit Sie eine bessere Zukunft gestalten können“) Mit diesem Claim beschreibt die MHP Management- und IT-Beratung GmbH mit Hauptsitz in Ludwigsburg ihr Ziel – für Kunden und Personal gleichermaßen. Ihre mehr als 3300 Mitarbeiter an 19 Standorten weltweit beraten mehr als 300 Unternehmen aus den Bereichen Mobility und Manufacturing.
Ein Gespräch mit Michael Appel, Head of Cluster Digital Platforms & Solutions.
Lantek: Herr Appel, was genau ist Ihre Aufgabe bei MHP?
Michael Appel: Mein persönlicher Beratungsschwerpunkt sind Digitale Plattformen und Ökosysteme – ein Themenfeld, was viele Unternehmen im Rahmen ihrer Digitalisierungsstrategie aktuell sehr beschäftigt.
Mit meinem Team helfen wir unseren Kunden dabei, sich hierfür organisatorisch und technologisch aufzustellen. Wir unterstützen neben der Erarbeitung von Strategie und Roadmap vor allem bei der Plattform-Implementierung und Skalierung.
Mobility und Manufacturing sind die Schwerpunktbereiche von MHP. Worin genau besteht Ihre Leistung?
Wir als MHP bieten Unternehmen Management-Beratung, unterstützen sie mit unseren digitalen Services und IT-Lösungen sowie bei deren System-Integration in alle Abschnitte ihrer Prozesse – von der Produktentwicklung beim Zulieferer bis zur Ersatzteillieferung vom Handel zum Kunden – und bieten ihnen anschließend unsere Begleitung und Support. Unsere Stärke ist unsere Erfahrung vor allem im Bereich Automotive, der aus meiner Sicht aktuell der spannendste Industriebereich ist, weil sich rund um das Auto und das Thema Mobilität allgemein so viel verändert.
Inwiefern?
Die Branche steht vor großen Herausforderungen. Die Anforderungen an zukünftige Fahrzeugmodelle ändern sich rasant: E-Mobilität, Software & Connectivity und Autonomes Fahren sind hier große Innovationstreiber.
Neben der Steigerung der Kosteneffizienz wird auch immer wichtiger, die Nachhaltigkeit in der Produktion, aber auch in der ganzen Lieferkette zu betrachten. Dazu kommen Herausforderungen im Markt: neue Wettbewerber, neue Käufergenerationen, komplett neue Geschäftsmodelle. Und die große Frage: Möchten Kunden in Zukunft weiterhin Autos kaufen oder Mobilität als Service nutzen?
Komplexität entsteht dadurch, dass all diese Veränderungen gleichzeitig auf die Unternehmen einwirken. Mit unserer Technologie- und Prozess-Expertise helfen wir unseren Kunden bei der Bewältigung dieser Herausforderungen – von der Strategie bis zur Umsetzung.
Wer genau sind Ihre Kunden?
Das sind Unternehmen aller Größen – vom mittelständischen Zulieferer mit 100 Mitarbeitern bis zum großen, international aufgestellten Automobilkonzern mit einem Jahresumsatz von mehreren 100 Millionen Euro.
Inwiefern ist MHP eine Porsche-Tochter?
Wir wurden 1996 gegründet – mit deutlichem Schwerpunkt auf der Automobilindustrie. Porsche war anfänglich ein großer Ankerkunde und hat sich in mehreren Schritten an MHP beteiligt. Heute sind wir eine 82-prozentige Porsche-Tochter.
Ist das in der Zusammenarbeit mit anderen Automobilunternehmen nicht problematisch?
Grundsätzlich nicht. Die Kunden sehen eher die Vorteile unserer Erfahrung aus der Zusammenarbeit mit vielen Herstellern, als dass sie deswegen besorgt sind. Dazu kommt, dass die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit, zum Beispiel durch Digitale Plattformen, stetig zunimmt. Auch die Integration über Branchen hinweg wird zunehmend zu einem Wettbewerbsfaktor. Dabei entstehen neue digitale Ökosysteme, in denen man gemeinsam an den großen Herausforderungen der Branche arbeiten kann. Auch für unsere Mitarbeiter ist diese Situation sehr vorteilhaft: Sie können in der Beratung vieler verschiedener Hersteller und Zulieferer übergreifende Erfahrung sammeln. Ein Argument in unserem Recruiting ist: „Warum für einen Hersteller arbeiten, wenn man für alle arbeiten kann?“
Wie unterscheidet sich Ihre Arbeit für große Konzerne und kleinere Zulieferer?
Im Grunde sind die Herausforderungen überall gleich. Jedes Unternehmen muss sich fragen: Was bedeuten die aktuellen Entwicklungen in der Branche für unser Unternehmen?
Ein Beispiel: Die meisten Fahrzeuge werden zukünftig ohne Getriebe oder Abgasanlagen auskommen. Neben den Herstellern stellen sich auch die Zulieferer neu auf. Das sind komplexe Transformationsprojekte, wo wir als MHP unsere Expertise mit einbringen. Zudem unterstützen wir sie, Antworten auf aktuelle Fragen zu finden – wie etwa für die Lieferkettenproblematik.
Wie meinen Sie das?
In der Automobilindustrie sind globale Lieferketten selbstverständlich – die Schrauben kommen aus Tschechien, die Elektronik aus China, die Karosserie aus Spanien, und zusammengebaut wird das alles ganz woanders. Doch durch die Pandemie scheint die Welt aus den Fugen zu geraten: Containerschiffe werden knapp, es herrschen Personalengpässe in Logistik und Transport. Dazu kommt eine wachsende Rohstoffknappheit, die sich längst nicht mehr auf exotische Ressourcen beschränkt. Wir sehen einen deutlichen Trend zur Regionalisierung der Lieferketten – aber dafür müssen Kontakte zu neuen Zulieferern geknüpft werden oder die Unternehmen selbst die Fertigung von Teilen aufbauen, die sie früher aus dem Ausland bezogen haben. All das will mit Weitsicht geplant sein.
Wie groß ist der Grad der digitalen Reife Ihrer Kunden?
Das ist eine schwierige Frage. Die digitale Reife variiert – von „noch ganz am Anfang, fast alles läuft noch auf Papier“ bis „moderne IT-Landschaft vorhanden“. Allerdings gibt es keinen Endpunkt, an dem ein Unternehmen sagen kann: Wir sind am Ziel. Die Digitalisierung ist ein kontinuierlicher Prozess. Hierbei ist es wichtig, den eingeschlagenen Kurs regelmäßig zu überprüfen und bei Bedarf zu justieren.
In der Blech bearbeitenden Industrie gibt es bereits Unternehmen, die sehr weit in der Digitalisierung und Vernetzung ihrer Prozesse sind. Die große Mehrheit hat jedoch erst begonnen, Schritte in diese Richtung zu unternehmen. Was würden Sie raten? Welche Aspekte sind Ihrer Meinung nach am wichtigsten, wenn kleine/mittlere Unternehmen mit der Digitalisierung eines Produktionsprozesses beginnen möchten?
Oft erleben wir, dass man im Sinne eines agilen Vorgehens (zu) schnell mit Projekten starten möchte. Dabei ist es wichtig, zuerst die strategischen Eckpfeiler für das Vorhaben zu diskutieren. Hierbei gibt es keine pauschal gültigen Empfehlungen. Gerade, wenn es darum geht, Softwarelösungen oder ganze Plattformen einzuführen, wären für mich die ersten Fragen:
Vendor Strategy: Möchte man sich an einen strategischen Partner binden – und somit Geschwindigkeit und Stabilität fördern, aber Flexibilität („vendor lock-in“) einbüßen oder ist ein agnostischer, also hersteller- und technologieunabhängiger Ansatz der vielleicht vielversprechendere?
Make or Buy: Sollen Lösungen individuell auf Basis der eigenen Anforderungen entwickelt oder als fertige Lösungen eingekauft werden?
As a Service: Was spricht für oder gegen den Ansatz, Applikationen „as a Service“ aus der Cloud zu beziehen?
Das ist aber nur der Anfang – wichtig ist, dass die technologischen und organisatorischen Aspekte gut aufeinander abgestimmt sind. Ich möchte das am Beispiel der Projektmethodik verdeutlichen: Viele Kunden wollen ihre Projekte zukünftig agil aufsetzen, aber das dafür erforderliche agile Mindset entsteht nicht über Nacht.
Sie beschäftigen sich viel mit Digitalen Plattformen und Ökosystemen. Welche Chancen sehen Sie hier konkret für kleine und mittlere Unternehmen?
Digitale Plattformen verbinden Unternehmen, indem sie die technologische und organisatorische Grundlage zum Austausch von Daten bieten. Lösungsanbieter und potenzielle Kunden treffen somit aufeinander.
Über Marktplatz-funktionalitäten können beispielsweise Applikationen direkt bezogen werden.
Neben dieser niedrigen Einstiegshürde für die Integration von externen Softwarelösungen bieten Plattformen Unternehmen aber auch die Möglichkeit, selbst zum Softwareanbieter zu werden. Viele Unternehmen haben Know-how und vielleicht sogar innovative Softwarelösungen für konkrete Fragestellungen etwa in der Produktion oder Logistik aufgebaut. Warum stellt man dieses Asset nicht anderen Unternehmen zur Verfügung? Natürlich nur, wenn die Lösung nicht wettbewerbsdifferenzierend ist. Somit können neue Umsatzströme entstehen und die IT zum Profit Center werden.
Dafür braucht man die Fähigkeit, aus bestehende Applikationen Produkte zu machen und sie über Plattformen zu vermarkten. Dabei können wir helfen!
In der Welt der Software wird das Management nach Projekten immer üblicher. Die immer mehr digitalisierte Umgebung erfordert komplette integrale Softwarelösungen, die auf recht einfache Weise Antworten für Produktionsprobleme der Organisationen liefern.
Diese technologische Befähigung der Industrie 4.0 ist real. So real, dass wenn wir im neuen digitalen Ökosystem wettbewerbsfähig sein wollen, keine andere Möglichkeit haben, als die Wolke in unsere Geschäftsstrategie einzubinden.
In jüngster Zeit sprechen wir viel darüber, wie Technologie und digitale Transformation unaufhaltsam Realität geworden sind und wie sie das Geschäftsleben und industrielle Abläufe verändern.